Digitalisierung nutzen! Dieses Mantra wird immer wieder gepredigt. Leider treten in der Umsetzung von Digitalisierungsprogrammen und -projekten immer wieder Herausforderungen auf, die deren Erfolg mindern: ein unvollständiger Überblick über das Programm, Steuerungselemente, die oft an der falschen Stelle ansetzen oder auch ineffizient eingesetzt werden, fehlende funktionsübergreifende Abstimmungen oder auch Chaos innerhalb und zwischen Teams.

Ein führender deutscher Energiekonzern war schon vor Jahren mit diesen Herausforderungen konfrontiert und hat nach zahlreichen Versuchen, sie beispielsweise klassisch (u. a. mit To Do’s und GANTT Charts) oder agil zu organisieren, eine eigene Lösung namens „Impediment Breaker“ entwickelt. Der Impediment Breaker ist eine Zusammensetzung aus Methodik und Tool, die darauf abzielt, Transparenz über teamübergreifende Themen zu schaffen und so eine verbesserte Steuerungsmechanik zur Verwaltung von komplexen Programmen und Projekten bereitzustellen. Diese Steuerungsmechanik werde ich nun anhand von fünf Themen erklären.

  1. 1. Ein kompakter Überblick über das Programm.

Innerhalb eines vordefinierten Regelrahmens präsentieren die Teamverantwortlichen eines Digitalisierungsprogramms (zwei-)wöchentlich ihre teamübergreifenden Themen. Die Themen müssen in die Kategorien „Probleme“, „Erfolge“ und „nächste Schritte“ eingeordnet werden. Damit ausschließlich über teamübergreifende Themen berichtet wird, die interessant für einen großen Teilnehmerkreis sind, durchlaufen die Teamverantwortlichen in der Vorbereitung einen kognitiven Prozess, in dem sie zahlreiche teaminterne Mikrothemen wie User Stories oder To Do‘s aggregieren, abstrahieren und auf deren Relevanz für andere Teilnehmer prüfen. Anschließend werden die gefilterten Themen in die Software übertragen. Für die Präsentation dieser Themen hat jeder Verantwortliche maximal fünf Minuten Zeit. Sollten die Themen keine teamübergreifende Relevanz haben oder länger als den vorgesehen Zeitraum benötigen, interveniert der Moderator. Somit erhalten Teilnehmer (z. B. das Management und Teamverantwortliche) einen kompakten Gesamtüberblick über das Programm in einem zeiteffizienten Rahmen­­.

Basierend auf einem solchen Überblick können die Teamverantwortlichen ihre Aktivitäten aufeinander abstimmen und sich koordinieren. Dies ist notwendig, da es in Digitalisierungsprogrammen zahlreiche bekannte und unbekannte Abhängigkeiten zwischen Teams gibt. Bei bekannten Abhängigkeiten sprechen sich die Teams idealerweise unabhängig von einem solchen Meetings ab. Allerdings hat es sich in der Praxis auch gezeigt, dass nicht alle Abhängigkeiten vorab adressiert werden. Durch die Präsentation im Meeting werden unbekannte Abhängigkeiten sichtbar und können aktiv adressiert werden.

Durch den kompakten Überblick und die teamübergreifenden Abstimmungen schafft ein solcher Regeltermin so viel Wert, dass Programmteilnehmer an diesem Termin teilnehmen wollen. Somit ist der Charakter des Termins sehr offen und umfasst einen großen Teilnehmerkreis.

  1. 2. Probleme aus dem Weg räumen.

Wie im ersten Thema erklärt, berichten die Verantwortlichen unter anderem über teamübergreifende Probleme. Die dort präsentierten Probleme müssen neben dem teamübergreifenden Charakter noch eine weitere Anforderung erfüllen: Es werden nur Probleme vorgestellt, bei denen der Teamverantwortliche externe Hilfe benötigt. Probleme, die innerhalb des eigenen Teams adressiert werden können, werden nicht präsentiert.

Teamverantwortliche werden ermutigt, solche Probleme in dem Rahmen zu präsentieren und setzen dies auch gerne in der Praxis um. Denn durch die zahlreichen Teilnehmer mit unterschiedlichen Hintergründen gibt es in der Regel immer jemanden, der helfen kann. Zwar werden die wenigsten Probleme direkt in dem fünfminütigen Präsentationszeitraum gelöst – allerdings bietet der Rahmen die Möglichkeit, sie publik zu machen. Während des Präsentationszeitraums finden sich dann Teilnehmer, die nach dem Meeting in einem neuen Kreis gemeinsam an dem Problem arbeiten. Somit dient der Regeltermin als Basis zur Lösungsinitiierung und erhöht den Erfolg des gesamten Programms.

In einem konventionellen Umfeld werden für das Behandeln von akuten Problemen Formate wie Managementrunden, Stand Up Meetings oder eine Taskforce verwendet. Diese Formate finden für gewöhnlich in einem relativ geschlossenen Rahmen statt. Dadurch ist der Zugriff auf verfügbare Kompetenzen limitiert. Im Kontrast dazu steht ein Termin im Impediment-Breaker-Umfeld, der - wie bereits beschrieben - einen großen Pool an Kompetenzen bietet.

  1. 3. Für und wegen der Kultur.

Damit die beschriebenen Hilfestellungen und der Austausch funktionieren, benötigt es eine Firmenkultur, die notwendige Werte beinhaltet. Werte wie Vertrauen, Verantwortung, Fokus oder Offenheit erleichtern den Austausch zwischen Kollegen und deren Zusammenarbeit, um Probleme zu bearbeiten. Im Umkehrschluss macht es wenig Sinn, den Impediment Breaker einzusetzen, wenn die oben genannten Werte nicht Teil der Unternehmenskultur sind. Insgesamt bauen die beschriebenen Hilfestellungen und der Austausch auf den agilen Bausteinen Transparenz, Überprüfung und Anpassungen auf.

Obwohl der Impediment Breaker solche Werte benötigt, um zu funktionieren, baut er nicht nur darauf auf, sondern kann sie auch zu einem gewissen Grad stärken. In der Praxis hat sich gezeigt, dass der Austausch und die Hilfsbereitschaft zwischen den Kollegen die gemeinsame Firmenidentität gestärkt hat. Erfolge bauen schließlich auf der Arbeit zahlreicher Teams auf, die sich zuvor gegenseitig absprechen und koordinieren mussten. Man kann in den Einsatzumfeldern beispielsweise beobachten, wie das Thema „Danke sagen“ vermehrt in die gemeinsamen Interaktionen einfließt und der Kooperationsgeist durch diese positive Bestärkung gefördert wird.

  1. 4. „What you see is what you see“ – Minimalismus in Software eingebettet.

Der beschriebene Regelrahmen wird in der Durchführung durch eine selbst entwickelte Software unterstützt, die einem minimalistischen Design folgt und somit einen hohen Wert auf Einfachheit und reine Fokussierung auf essenzielle Funktionen legt. Im Tool sind neben den Kernbereichen der Statusabgabe und dem dazugehörigen Präsentationsmodus nur noch ein Archiv und ein Cockpit enthalten. Letzteres dient dabei als Anlaufstelle, an der zentrale Links, z. B. für ein Feature Backlog oder ein Organigramm, gesammelt werden und somit als Referenzpunkt dienen.

Durch die wenigen, aber essenziellen Funktionen entstehen zeitliche Einsparungen im Kontrast zu konventionell eingesetzten Excel- oder PowerPoint-Vorlagen. Die bisherigen Administratoren solcher Dokumente müssen in der Impediment-Breaker-Software keine Templates vor- oder nachbereiten. Die Software automatisiert diese Prozesse, wie z. B. die Erstellung, den Versand und die Ablage eines Berichts, wodurch der Overhead reduziert wird.

Neben den Vorteilen für die Administratoren eines solchen Termins bietet der Impediment Breaker auch Vorteile für die Teamverantwortlichen. Die benötigte Zeit für die Statusabgabe wird durch Features wie eine Pre-Fill-Funktion reduziert. Darüber hinaus werden sie automatisch erinnert, wenn sie ihren Status nicht abgegeben haben oder wenn ihnen die Verantwortung für ein Problem zugeteilt wurde.

Nun kann man sich fragen, wie der Impediment Breaker sich von bekannten (klassischen und agilen) Projektmanagement-Tools wie MS Project oder Jira unterscheidet. Der Kernpunkt ist, dass sich die bestehenden Software-Tools durch die Detailtiefe der abgebildeten Inhalte (z. B. User Stories, To Do’s, GANTT Chart) auf das Mikromanagement von einzelnen Aufgaben, Teams oder Teilprojekten fokussieren. Dem gegenüber steht der Impediment Breaker, der sich auf das Makromanagement fokussiert. Wie bereits beschrieben, stellen Mikroinhalte wie User Stories die Basis für den Bericht des Teamverantwortlichen dar. Diese werden anschließend aggregiert, abstrahiert und auf Relevanz geprüft und werden erst dann präsentiert. Innerhalb der Teams werden die genannten Mikromanagement-Tools und Methoden (z. B. Scrum, Wasserfall) weiterhin eingesetzt. Für den Überblick und den darauf aufbauenden Lösungsgedanken wird hingegen der Impediment Breaker eingesetzt.

  1. 5. Weitere Aussichten – PMO as a Service.

In den verschiedenen Einsatzumfeldern hat sich die Lösung inzwischen bewiesen und wurde weiterentwickelt. In der Praxis hat es sich gezeigt, dass die Einführung des Impediment Breaker besonders erfolgreich ist, wenn bereits Erfahrungen in der gesamten Kundenbetreuung (z. B. Verständnis der Einsatzumgebung, Planung und Implementierung) und mit dem Tool gesammelt wurden. Wir bei Bechtle haben bereits in verschiedenen Anwendungsbereichen Erfahrungen mit dem Tool gesammelt.

Abbildung: Elemente des Impediment Breaker.

 

Letztlich müssen sich Digitalisierungsverantwortliche fragen, ob deren Programme und Projekte zufriedenstellend laufen. Die mit solchen Programmen verbundenen Herausforderungen sind bekannt und weit verbreitet. Der Impediment Breaker bietet eine Lösung: Die Kombination aus Methodik und Tool schafft einen offenen Rahmen, in dem teamübergreifende Abstimmungen und Entscheidungen getroffen werden und somit Herausforderungen, wie ein unvollständiger Überblick oder falsch platzierte Steuerungselemente, adressiert werden.