André, du hast im Finale der diesjährigen deutschen Meisterschaften bis zur letzten Minute eine sehr gute Leistung abgegeben und 3:1 geführt. Was ist dann passiert?

Es waren noch 20 Sekunden bis zum Ende des Wettkampfs und ich habe mich für einen kurzen Moment als Sieger gesehen und mich gefreut. Das war mein Fehler. In diesem Moment ist der Gegner mir ans Bein gesprungen und ich musste den Sieg an ihn abgeben. Das war schon hart. Aber so ist das im Ringen. Jede Aktion muss zu einhundert Prozent sitzen. Ein Wettkampf geht nur sechs Minuten, aber in diesen sechs Minuten musst du körperlich und psychisch voll da sein.

Welche Fähigkeiten sind beim Ringen gefragt?

Man braucht alles: Ausdauer, Konzentration, Technik, Kraft und Belastbarkeit. Wenn du technisch stark bist, aber keine Ausdauer hast, macht dich der andere platt. Wenn du Ausdauer hast, aber deinen Fokus verlierst, dann passieren Leichtsinnsfehler. Ich finde keine andere Sportart so herausfordernd. 

Wie sieht dein Training aus?

In meinem Verein Red Devils Heilbronn trainiere ich drei Mal in der Woche und ergänze das durch Trainings im Bundesstützpunkt Heidelberg und meine eigenen Sporteinheiten. Mein Ziel ist es, zwei Mal am Tag zu trainieren und das Bestmögliche aus meinem Körper herauszuholen. Für die deutsche Meisterschaft hatte ich nur zwei Monate intensiv trainiert, das war zu wenig.

Wie vereinbarst du die Arbeit in der Bechtle Logistik und deinen Sport?

Beides ist mir wichtig, deshalb bin ich froh, dass ich das gut kombinieren kann. Meine Arbeitszeiten habe ich mit meiner Führungskraft so abgestimmt, dass ich noch vor Arbeitsbeginn Zeit habe, um eine Runde zu joggen oder im Bechtle Fitnessraum zu trainieren. Um 9 Uhr stehe ich beim Wareneingang und nach Feierabend gehe ich direkt wieder ins Training. Aber auch während der Arbeit in der Paketannahme kann ich meine Kraft und Ausdauer gut einsetzen. Nicht zuletzt finde ich das Betriebsrestaurant super, dort gibt es sehr gutes und ausgewogenes Essen.

Wie bist du zum Ringen gekommen?

Als ich acht Jahre alt war, hat mich mein Onkel zum ersten Mal zum Training mitgenommen. Das fand ich so spannend, dass ich unbedingt selbst ringen wollte. Mit elf bin ich in einen Verein eingetreten und seitdem begleitet mich der Sport durch mein Leben.

Was ist für dich das Besondere an der Sportart?

Man braucht beim Ringen jeden Teil des Körpers und lernt sich selbst sehr gut kennen. Durch den Sport bin ich komplett ausgelastet und ich kann mich immer weiter verbessern. Mir gefällt aber auch der Fairness-Gedanke: Es gibt viele sinnvolle Regeln im Kampf, die Außenstehende auf den ersten Blick gar nicht verstehen. Und nicht zuletzt das Spielerische. Das Miteinanderringen ist ja etwas sehr Natürliches, jedes Kind macht das. Ringen ist eine der ältesten Sportarten. Ich kann nicht ohne und will auf höchstem Niveau vorne mitspielen.