Das „Metaversum” hat sich schon Anfang der 1990er Jahre der Autor Neal Stephenson ausgedacht. In seinem Roman „Snowcrash” flüchtet man vor einer dystopischen Wirklichkeit des 21. Jahrhunderts in diese Parallelwelt – als Avatar, eine weitere Wortschöpfung, die derselben Science-Fiction-Story zugeschrieben wird. Heute sind wir im Begriff, die damalige Fantasie einzuholen.

Analoge und digitale Welt vermischen sich zusehends. Dabei sind spannende Entwicklungen im Gange, die sowohl Freizeit und Privates als auch unser Arbeitsumfeld betreffen.

Den ersten großen Anlauf dürfte 2003 das Studio Linden Lab mit „Second Life” unternommen haben. Unter dem programmatischen Namen konnte man eine digitale Identität leben – und auch Geschäfte machen. Und kann es noch. Die Plattform ist dank hunderttausender treuer Avatare quicklebendig. Eine Zeit lang war auch das Bewirtschaften von Onlinefarmen en vogue. Ganze Familien waren damit beschäftigt, ihre Kuhherden zu füttern, zu melken und zu vergrößern. Von anfallenden Methangasen blieb die wirkliche Welt glücklicherweise verschont.


Welcome to the metaverse, alternate digital realities where people work, play, and socialise. You can call it the metaverse, the mirror world, the AR Cloud, the Magicverse, the Spatial internet, or Live Maps, but one thing is for certain, it’s coming and it’s a big deal.

Cathy Hackl, Tech Futurist


Die neuen Bühnenbilder.

Aktuell ist die Spieleindustrie wohl der populärste Trendsetter einer erweiterten Realität. Insbesondere im Survival Game „Fortnite“ wird der Ausbau des Universums konsequent vorangetrieben. Auch eigene und Wertschöpfungsketten von Partnern werden damit mächtig angekurbelt. So kann man im virtuellen Kino exklusive Filmszenen aus dem Star-Wars-Imperium anschauen und gleich den eigenen Avatar mit den entsprechenden Looks ausstatten. Konzerte des amerikanischen Rappers Travis Scott sollen bei Fortnite fast 28 Millionen Zuschauer besucht haben.

Auch wenn es noch nicht ganz so gigantisch rockt, sind Parallelen zur alltäglichen Arbeitswelt offensichtlich. Wer hat nicht schon an Konferenzen, Kongressen und Festivals teilgenommen, die in diesem Jahr ausschließlich online stattfanden?

 

Auch Bechtle hat 2020 erstmals den „CMPTNC DY” auf der digitalen Bühne ausgerichtet. Die Resonanz der Kunden hat dabei alle Erwartungen übertroffen.

Das Besondere: Weltweite IT-Persönlichkeiten wie Michael Dell oder Antonio Neri, CEO von HPE, und Pat Gelsinger sowie Thomas Kurian, CEOs von VMware bzw. Google Cloud hatten ihren Auftritt – jeder als er selbst und keiner von einem Avatar vertreten.

 

 

 

Hallo Holo.

Die Kardashians sind da schon weiter. So schenkte Kanye West seiner Frau zum 40. Geburtstag ein Hologramm von Kims verstorbenem Vater, der posthum liebevolle Grüße sprach. Davon werden wir in Zukunft mehr sehen. Aktuell kreiert Samsung sogenannte NEONs, die unser Leben als „humanoid friends” begleiten sollen. Bereits verfügbar ist die App „Replika”, die ihren Nutzern einen KI-basierten Freundschafts-Bot zur Seite stellt. Mehr als drei Millionen Downloads (Stand November 2020) zeigen, dass ein echtes Bedürfnis nach „digital companions” besteht. Wer seinerseits einen KI-gesteuerten Stellvertreter zum Leben erwecken möchte, kann „Synthesia.io” aufrufen. Man tippt einen beliebigen Text ein, wählt einen der bestehenden Charaktere oder erstellt selber einen – und binnen Minuten wird daraus ein Video, in dem ein Sprecher die Botschaft in  38 Sprachen der Welt präsentiert.

Das Konzept „digitaler Zwilling” greift aber noch wesentlich weiter: von Konstruktionsdaten, die für Produktsimulationen genutzt werden, bis zum Betrieb vollständig virtueller Fabriken, die es ermöglichen, ganze Fertigungsprozesse zu erproben oder zu optimieren.

Der Nutzen liegt auf der Hand: Nur was sich im Testuniversum bewährt, wird auch in der Realität umgesetzt. Teure Fehlentwicklungen sind damit Geschichte. Auch als begehbare Unternehmensdarstellung gegenüber potenziellen Geschäftspartnern oder Bewerbern sind digitale Modellwelten eine attraktive Option.

Es bleibt gemischt.

Die Begegnung auf verschiedenen Realitätsebenen ist ja bereits geübte Praxis. Techniker, die remote in die Bedienung von Maschinen einweisen oder zur Reparatur anleiten, nutzen selbstverständlich virtuelle Handbücher und Datenbrillen, die Geräteteile in die Umgebung augmentieren. Immer mehr smarte Schnittstellen in Verbindung mit Edge Computing, 5G-Netzen und überall verfügbaren Cloud-Diensten erleichtern das Erfassen und Reproduzieren jedweder Umgebung.

Alle Beispiele für sich machen noch kein Metaversum, bilden aber Fragmente davon, die nach und nach zusammenwachsen – ohne wohl jemals ein einziges zu werden. Auch wenn Facebook mit dem Projekt „Horizon” seine ganze Marktmacht ins Spiel bringen kann und andere große Player sich ebenfalls positionieren: Inzwischen gibt es so breit diversifiziertes Know-how auf der Welt, das sich vermutlich eher Inseln, Länder und Kontinente im digitalen Paralleluniversum bilden und Unternehmen fast jeder Größe eigene Satelliten in die Umlaufbahn schicken werden. Ob und wie das einmal intergalaktisch vereint wird, bleibt abzuwarten. Und wer weiß, wie viele Versionen von Wirklichkeit uns dann die Quantencomputer bescheren.

 

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Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Printausgabe Bechtle update 03/2020. Mehr zum Thema lesen Sie dort ab Seite 32.
 

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