Richard Socher.
Herr Socher, was ist Künstliche Intelligenz für Sie?

Richard Socher: Künstliche Intelligenz ist eine unglaublich flexible Technologie, die wir in vielen Bereichen einsetzen können. Für mich ist KI eines der mächtigsten Tools, das uns als Menschheit zur Verfügung steht.

Sie wurden in Deutschland geboren, arbeiten und forschen aber seit Jahren in den USA. Wie kam es dazu?

Ich wollte als Doktorand mit den besten Wissenschaftler:innen der Welt zusammenarbeiten. Und die gibt es eben in den USA. Verstehen Sie mich nicht falsch, an der TU München, am Max-Planck-Institut in Saarbrücken oder in Tübingen gibt es tolle Forschung, aber im Vergleich zu Stanford ist das ein Tropfen auf den heißen Stein. Zudem gibt es kulturelle Unterschiede, die die Entwicklung einer neuen Technologie einfacher machen: In den USA wird oft erst einmal gemacht und dann erst die Bedeutung hinterfragt. In Europa und Deutschland wird deutlich mehr reguliert. Oft zu Beginn eines Prozesses, ohne die Kenntnis aller Fakten und der künftigen Entwicklung. Dieses Vorgehen ist hochgradig komplex – und bremst das Vorankommen.


Künstliche Intelligenz muss reguliert werden, beispielsweise in der Medizin oder im Verkehr, also etwa bei Operationsmethoden oder beim autonomen Fahren.


Halten Sie Regulierung generell für ein Problem?

Nein, auf keinen Fall. Künstliche Intelligenz muss reguliert werden, beispielsweise in der Medizin oder im Verkehr, also etwa bei Operationsmethoden oder beim autonomen Fahren, weil es dabei um Menschenleben geht.

Wo steckt das Potenzial für KI?

Mir geht es darum, positive Anwendungen zu finden und zu fördern. Zwei ganz einfache Beispiele: Auf der Basis Künstlicher Intelligenz kann man die Nahrung von Kühen fortlaufend so anpassen, dass sie weniger Methan ausstoßen. Das hilft unserem Klima enorm. Wenn wir beim Thema bleiben: Mithilfe von KI lässt sich das Wetter besser vorhersagen als bisher. Das mag sich für entwickelte Länder, die schon umfassende Systeme im Einsatz haben, nicht mehr auswirken, aber für Uganda beispielsweise ist es ein großer Schritt, der unter anderem vor Extremwetterereignissen schützen kann.

 
 
 
 
Bechtle beteiligt sich an KI-Unternehmen Planet AI.

Bechtle beteiligt sich mit 51 Prozent an dem Rostocker KI-Unternehmen Planet AI GmbH. Das im Bereich Deep Learning aktive Unternehmen ist mit eigenentwickelten technologischen Lösungen für intelligente Dokumentenanalyse und Prozessautomatisierung tätig.

Zur Pressemeldung

Bechtle beteiligt sich an KI-Unternehmen Planet AI.

Bechtle beteiligt sich mit 51 Prozent an dem Rostocker KI-Unternehmen Planet AI GmbH. Das im Bereich Deep Learning aktive Unternehmen ist mit eigenentwickelten technologischen Lösungen für intelligente Dokumentenanalyse und Prozessautomatisierung tätig.

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KI wird aber noch weitere Auswirkungen haben.

Genauso wie jede revolutionäre Entwicklung – zum Beispiel der Buchdruck, die Dampfmaschine oder das Internet. Künstliche Intelligenz wird die Art und Weise verändern, wie wir denken und arbeiten. Jede Industrie, die digitalisiert ist oder werden kann, wird sich verändern.

Was meinen Sie genau?

Wir werden aller Voraussicht nach nicht weniger, sondern produktiver arbeiten. Es werden Berufe wegfallen, es werden neue entstehen. Dadurch wird zunächst Druck auf unsere sozialen Systeme entstehen, den die Staaten abfedern müssen. Ich glaube, Deutschland ist dafür gut aufgestellt, aber nur, wenn das Land auch bereit ist, die positiven Effekte von Künstlicher Intelligenz zu nutzen.


Jede Industrie, die digitalisiert ist oder werden kann, wird sich verändern.


Das wird auch an den Unternehmen liegen. Haben Sie einen Rat?

Der erste Schritt ist, sich ernsthaft mit Künstlicher Intelligenz auseinanderzusetzen und die Folgen abzuschätzen. Die entscheidende Frage bleibt: Verändert KI mein Geschäftsfeld disruptiv oder hilft sie lediglich, produktiver zu werden? Bei einer disruptiven Veränderung – zum Beispiel in der Medizin, Landwirtschaft oder im Journalismus – müssen Unternehmen ihr gesamtes Geschäftsmodell hinterfragen und neue Lösungen finden. Wenn keine disruptive Veränderung bevorsteht, sollten sich Führungskräfte dennoch mit Veränderungen beschäftigen. Wenn Mitarbeitende, zum Beispiel im Dienstleistungssektor, fünf bis zehn Mal effizienter werden, kann ich viele von ihnen für andere Dinge im Unternehmen einsetzen.

Ein Bereich, in dem scheinbar jede Hilfe nötig ist, ist Cybersicherheit. Wie wird sich KI hier auswirken?

Aus meiner Sicht geht es aktuell vor allem um das Aufspüren von Anomalien in Netzwerken oder an Endpunkten. Da ist KI schon sehr gut und wird noch viel besser werden. Ich sehe aber noch weitere Potenziale. Künstliche Intelligenz kann Code schreiben – fehlerfrei. Das wird sich auszahlen, weil es weniger Schwachstellen geben wird. Darüber hinaus gehe ich davon aus, dass dennoch bestehende Schwachstellen deutlich früher gefunden werden – im Idealfall, ehe sie von Angreifenden genutzt werden.

Sie sagen, dass KI auch funktionierenden Code schreibt …

Das ist ein echter Gamechanger. Ich kann eine KI heute schon bitten, mir eine App oder eine Website mit besonderen Spezifikationen und Funktionen zu schreiben. Dadurch werden wir eine ungeheure Kreativität entfesseln, Kunst schaffen, neue Geschäftsmodelle generieren und unsere Ideen viel schneller als bisher mit der ganzen Welt teilen.