Quantencomputer

Herr Dittrich, welche Themen bearbeiten sie im Competence Center für Quantentechnologie? 

Uns beschäftigen vor allem zwei Strömungen. Die eine ist Cybersicherheit. Alles, was wir herkömmlich verschlüsseln, weil wir es für besonders schützenswert halten, wird – Stand heute – mit Quantencomputern nicht mehr sicher sein. Und zum anderen wollen wir die Rechenleistung von Quantencomputern für unsere Kunden in sinnvollen Bereichen nutzbar machen. Schon heute. Dazu gehört unter anderem der große Bereich Forschung und Lehre.  

Konkret bedeuten Quantencomputer folgendes: Rechenprozesse, die heute Wochen oder Monate dauern, sind dann in Sekunden möglich. Was bedeutet das für Unternehmen? 

Im Bereich der Cybersicherheit müssen sich Unternehmen heute darüber Gedanken machen, wie sie Daten schützen. Heute, nicht erst künftig. Cyberkriminelle nutzen die Formel: “Harvest now, decrypt later”. Sie haben Zeit. Daten, die sie heute stehlen, könnten sie in Zukunft mit der Hilfe von Quantencomputern entschlüsseln. Dieses Szenario müssen Unternehmen bedenken, neue Technologien in ihre Sicherheitsstrategie einbeziehen und die Möglichkeiten der sogenannten Post-Quanten-Kryptografie nutzen. 

Wie kommen Unternehmen vor diesem Hintergrund zu einer quantensicheren IT? 

Unternehmen müssen vor allem eine eine Kryptoinventarisierung durchführen: Welche Technologien sind derzeit im Einsatz? Welche Algorithmen laufen, welche davon sind anpassbar, welche müssen überhaupt angepasst werden? So können mögliche Schwachstellen identifiziert werden. Darauf folgt klassisch eine Risikobewertung, auf deren Basis Entscheidungen getroffen werden müssen: Welche Daten möchte ich schützen, wie lange möchte ich sie schützen und für welche Bereiche benötige ich eine Migrationsstrategie.


Sebastian Dittrich

Wir betreiben viel Aufklärungsarbeit und entmystifizieren das Thema Quanten.

Sebastian Dittrich, Programm Manager KI & Quantum, Bechtle IT-Systemhaus Bonn


Wie sollen IT-Organisationen das angehen – sie haben gerade im Bereich der Security schon durch Künstliche Intelligenz vielfältige Herausforderungen: Kann das Thema nicht noch warten? 

So sehr ich menschlich den Wunsch verstehen kann, dieses Thema zu vertagen, weil es bisher fast nur auf dem Papier existiert, müssen sich Unternehmen damit auseinandersetzen. Im Übrigen aber eben nicht nur in Bezug auf Sicherheit. Die Möglichkeiten, die in Zukunft entstehen, werden vielen Unternehmen in ihren Prozessen weiterhelfen – beim Thema Sensorik und in ihren Netzwerken.  

Was können Sie mit Ihren Kollegen heute schon anbieten? 

Zunächst einmal betreiben wir viel Aufklärungsarbeit, wir entmystifizieren das Thema Quantum. Das tun meine Kollegen und ich auf vielen Bühnen, Panels und in Diskussionen, aber auch im persönlichen Gespräch. Darüber hinaus knüpfen wir Netzwerke, sodass unsere Kunden von uns, wissenschaftlichen Erkenntnissen, unseren vielfältigen Partnern und voneinander profitieren. Und wir veranstalten auch Workshops und Webinare, um mit Kunden und Partnern über die oben genannten Themen zu sprechen. 

Wie sehen die konkreten Angebote aus? 

In diesen Situationen sind wir schon einen Schritt weiter. Beim Kunden gibt es ein Verständnis der Chancen und Herausforderungen, es gibt Personen, die sich des Themas angenommen haben. Und dann beraten wir aktiv und verabschieden auch Maßnahmen wie Hardware- oder Softwarekauf und passende Services. Wir haben ausgebildete Techniker:innen, die Quantencomputer transportieren, aufbauen und betreiben können. Das heißt, wir stellen Cloud-Leistungen auf Quantenchips bereit, unterstützen Kunden beim Onboarding und bei Auswahlentscheidungen. 

Partnerschaft mit IQM.

Seit 2024 vertreibt das Bechtle IT-Systemhaus Bonn unter anderem den Quantencomputer „IQM Spark“ des finnischen Start-ups IQM Quantum Computers. Bechtle verfolgt mit dieser Partnerschaft das Ziel, Quantencomputer mit “klassischen” Rechnern so zu verbinden, dass neue Mechanismen für das sogenannte High Performance Computing (HPC) entstehen. Damit könnten bisher ungelöste Rechenprobleme bewältigt werden, etwa bei der Verkehrssteuerung oder der Wetter- und Klimavorhersage.

Claudia Plattner
BSI Chefin Claudia Plattner: „Quantencomputing bringt ein bekanntes Gefüge komplett ins Wanken.“

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