Menschen, die in den Frühzeiten der Digitalisierung mit Assembler programmierten und logische Algorithmen als Basis von Logik sahen, können manchmal schlecht nachvollziehen, warum ein Chatbot intelligent sein soll. Schließlich sind die Reaktionen, die der Bot gibt, nichts als Vorgaben eines Menschen auf anzunehmende Anliegen. Frage ich zum Beispiel einen Wetter-Chatbot „Wie ist das Wetter in Hamburg?“, werden die Schlüsselbegriffe Wetter und Hamburg erkannt und eine Antwort könnte sein: „Aktuell regnet es in Hamburg bei einer Temperatur von 11 Grad.“ Aber welches Hamburg meinte ich denn eigentlich? Und wann? Jetzt? Oder ganz allgemein? Und welchen Teil von Hamburg?

Dies ist ein Versuch, nachvollziehbar zu erklären, was einen Bot auszeichnet, um vom Gesprächspartner als intelligent wahrgenommen zu werden – denn künstliche Intelligenz (auch KI oder AI für die englische Übersetzung „artificial intelligence“) ist ja durchaus komplex. Aber noch einmal einen kleinen Schritt zurück …

Was sind Chatbots?

Chatbots folgen in der Regel geskripteten, schlagwortbasierten Konversationen (im Beispiel Wetter plus Hamburg). Das bedeutet, dass sie nicht für Gespräche geeignet sind, bei denen sie intelligent verstehen müssen, was der Kunde sagt. Ihre Ausgabe ist einfach und verständlich. Aber auch limitiert. Chatbots können hilfreiche Werkzeuge für Unternehmen sein. Zum Beispiel bei menübasierten Systemen, bei denen Sie Kunden anweisen können, bestimmte Antworten zu geben. Im sprachlichen Bereich kennen Sie diese Varianten vermutlich als sogenannte „Voice Response Units“ oder VRU. „Wenn Sie ein Anliegen zu XYZ haben, drücken oder sagen Sie ‚Eins‘“ und so weiter. Oder es werden Antworten oder Informationsabfragen vorformuliert, die dann schrittweise verarbeitet werden. „Möchten Sie Informationen zu Vorspeisen, Hauptspeisen oder Nachspeisen?“. Abweichungen vom Informationsfluss führen aber zu Fehlern.

Wenn Sie folglich nichts Komplexeres als das Textäquivalent einer Benutzeroberfläche benötigen, sind Chatbots eine einfache und kostengünstige Wahl. Für komplexe Aufgaben wie Kundenbeschwerden oder IT-Service-Management, bei denen auch kontextbasierte Zusammenhänge verstanden werden müssen, ist Conversational AI die bessere Wahl.

Was ist Conversational AI?

Dieses Verstehen von Zusammenhängen funktioniert bei Conversational AI durch den Einsatz von natürlichem Sprachverständnis (Natural Language Understanding oder kurz NLU, siehe unten). Bleiben wir bei dem Wetterspiel:

Um Zusammenhänge zu erkennen, muss ich einen Bot mit Beispielsätzen trainieren. Nicht jeder Benutzer fragt „Wie ist das Wetter in Hamburg?“. Was wäre bei der Frage „Gibt’s am Dienstag Niederschlag in Altona“?“ Ein klassischer Chatbot hätte vermutlich keine Antwort. Er wüsste nicht, dass heute Montag ist und sich die Frage auf morgen bezieht bzw. dass Altona ein Stadtteil von Hamburg ist. Eine untrainierte (!) NLU hingegen könnte antworten: „Ich bin nicht sicher. Meinst Du, ob es morgen in Hamburg regnet?“

Eine Conversational AI kann sich am Ende sogar selbst trainieren und aus richtigen Kontexten lernen. Wird die Frage des Bots „Meintest Du, …“ positiv beantwortet, wird dies vom Bot als richtig gespeichert und demnächst schneller erkannt.

Was ist NLU?

NLU unterstützt dabei, die Absicht und den Kontext von Benutzerinteraktionen zu verstehen. Es wird sich nicht nur auf eine vorgegebene Liste von Schlüsselwörtern verlassen (Wetter, Hamburg) und bestenfalls mit einer einfachen Antwort reagiert.

Gehen wir mal von einer natürlichen Konversation aus, bei der Sie vorhaben, zu verreisen und folgende Fragen stellen könnten:

„Ich möchte dieses Wochenende nach St. Pauli. Regnet‘s?“ oder

„Wann ist die beste Reisezeit für Hamburg?“

Beide Anliegen beziehen sich offensichtlich auf Reisen, Hamburg und das Wetter. Trotzdem sind die sogenannten Intents, also die Absichten, verschachtelt und für einen „normalen“ Bot nicht ohne weiteres zu erkennen. Damit ein Bot also den Kontext erkennen kann, muss er mit Beispielsätzen trainiert werden. Aus Lexika holt sich der Bot zusätzlich Operatoren. Ein Lexikon für Zeiten kann Wochentage oder Zeiträume beinhalten. Und der Zugriff auf eine Online-Datenbank mit Orten weltweit macht den Bot zum umfassenden Reise-Agenten. Trainingssätze für das erste Beispiel oben sähen dann in etwa so aus:

„Wie ist das Wetter am <ZEIT> in <ORT>.“ oder „Was muss ich am <ZEIT> in <ORT> anziehen?“

Aus dem zweiten Trainingssatz ist nicht auf Anhieb zu erkennen, dass es sich um ein Wetter-Intent handelt. Und daher das Training der KI. Zehn Trainingssätze reichen in der Regel aus, um dem Bot die Absicht zu vermitteln. Versteht er das Intent aber doch mal nicht, können die NLU-Ergebnisse auch manuell mittels Trainingssystemen überprüft und optimiert werden. Im Laufe der Zeit wird die KI so geformt, dass sie die individuellen Präferenzen versteht und darauf reagiert.

Ich hoffe, ich konnte am Wetter-Beispiel verständlich erklären, was einen Chatbot vom KI-Bot unterscheidet. Wenn Sie mehr über die Einsatzmöglichkeiten von Conversational AI in Ihrer Organisation wissen möchten oder einen Demo-Termin buchen möchten, schreiben Sie mir gerne oder besuchen Sie unsere Conversational AI Seite.

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